Titel
"Hier war die große Kulturgrenze, die die deutschen Soldaten nur zu deutlich fühlten ...". Albrecht Penck (1858-1945) und die deutsche "Volks- und Kulturbodenforschung"
Abstract
Albrecht Pencks wissenschaftliche Karriere wurde wesentlich von der akademischen Institutionalisierung der Geographie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begünstigt. Während sich die „Physische Geographie“ und die „Humangeographie“ sukzessive ausdifferenzierten, trat Penck konsequent für den Primat des naturwissenschaftlichen Zweigs der Geographie ein. Er selbst führte die geomorphologisch-stratigraphische Methode, die er seit den 1880er-Jahren in den bayrischen Alpen erprobt hatte, in die geographische Forschung ein. „Beobachtung“, „Feldforschung“ und die historisch-genetische, regional differenzierende Aufschlüsselung von Schichten und Sedimenten standen dabei im Vordergrund. Seit dem Ersten Weltkrieg wandte sich Penck zunehmend humangeographischen Kulturraumforschungen zu. Pencks Wertschätzung „deutscher Arbeit“ beruhte auf dem Dogma der „erbbiologisch“ begründeten Überlegenheit des „Deutschtums“. Indem er seinen in der Geomorphologie erprobten Zugang der „Beobachtung“ auf die Kulturgeographie anzuwenden suchte und als mächtiger Berliner Ordinarius sozialwissenschaftlich orientierte Ansätze (Alfred Rühl) nachhaltig zu unterdrücken verstand, trug er wesentlich zur Integration der deutschen Geographie in den „Mainstream“ deutscher Volksforschungen bei. Pencks ethnozentrischer Strukturdeterminismus, der „Blut“ (Vererbung) und „(Volks-)Boden“ unwandelbar miteinander verknüpfte, ließ sich zwar gegen politische Entscheidungen der Siegermächte des Ersten Weltkriegs propagandistisch ausbeuten; er führte jedoch die Geographie unweigerlich in eine ideologisch präfigurierte methodische Sackgasse. Penck war als etablierter „Wilhelminer“ zwar kein typischer Vertreter einer „kämpfenden Wissenschaft“. Er trug jedoch wesentlich dazu bei, das deutsche „Volkstum“ zu einem wesentlichen Forschungsgegenstand der Geographie zu erheben und diese damit insgesamt für politische Indienstnahmen zu öffnen. Mit seinen wissenschaftspolitischen Aktivitäten hatte Penck einen wichtigen Anteil an der grundlegenden Umgestaltung der Wissenschaftslandschaft, der über die disziplinären Grenzen der Geographie hinausreichte und bis ins „Dritte Reich“ hineinwirkte.
Objekt-Typ
Sprache
Deutsch [deu]
Erschienen in
Titel
Österreich in Geschichte und Literatur mit Geographie
Seitenanfang
180
Seitenende
191
Publication
Inst. für Österreichkunde
Erscheinungsdatum
2011
Zugänglichkeit

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