Abstract
Die österreichische Verwaltung weist seit jeher ein hohes Maß an Politisierung auf. Ein noch gänzlich unerforschtes Phänomen in diesem Zusammenhang ist die Ernennung von (früheren) Mitgliedern der Ministerkabinette zu Sektionschef:innen (SCs) in den Bundesministerien. Daten zu allen Sektionsleitungen seit 1970 (N=547) zeigen, dass der Anteil der SCs mit Kabinettserfahrung zwischen 1970 und 2023 von etwa 10 auf rund 40 Prozent gestiegen ist. Im theoretischen Teil werden drei mögliche Erklärungen für diese Entwicklung vorgeschlagen: politische Expertise, Parteibindung und persönliche Bindung. Die Analyse zeigt, dass die Ernennungen eindeutig einer parteipolitischen Logik folgen: Während ein kleiner Teil der SCs mit Kabinettshintergrund von parteifremden Minister:innen ernannt wird, wird die große Mehrheit von Ministern der "eigenen" Partei nominiert. Nur in einer Minderheit der Fälle werden (ehemalige) Kabinettsmitarbeiter:innen von denselben Minister:innen ernannt, für die sie zuvor tätig waren. Die Politisierung von Sektionsleitungen über das "Einfallstor" Ministerkabinett gehorcht demnach einer parteipolitischen Logik, weniger einer der persönlichen Beziehung oder der allgemeinen Nachfrage nach politischer Expertise.